Wirtschaftsverband Chemie Pharma Life Sciences
Berufsbildung 2030: Berufsbilder der Zukunft

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Berufsbildung 2030: Berufsbilder der Zukunft

26.04.2024

Die Tätigkeiten von Berufsleuten in Chemie, Pharma und Life Sciences befinden sich aktuell stark im Wandel. Deshalb ist scienceindustries dabei, gemeinsam mit dem auf Bildungsthemen spezialisierten Dienstleister Ectaveo und dem Ausbildungsverbund aprentas ein neues Bildungs- und Karrieresystem mit zukunfts- und arbeitsmarktorientierten Berufen für die Branche zu entwickeln.

Projekt «scienceindustries Berufsbildung 2030»

Durch die internationale Wettbewerbsfähigkeit, die demografische Entwicklung, den technologischen Wandel und die Lieferengpässe im Ausland steigt mittel- bis langfristig die Nachfrage nach gut qualifizierten Fachleuten in diesen Berufen. Es stellt sich die Frage, ob das aktuelle Berufsbildungssystem die Arbeitsmarktbedürfnisse der Zukunft erfüllt.

Im Projekt «scienceindustries Berufsbildung 2030» werden die aktuellen und zukünftigen Arbeitsmarktanforderungen der relevanten betrieblichen Funktionen erfasst und ein zukunftsgerichtetes und flexibles Berufsbildungssystem entwickelt. Das Projekt startete im Frühjahr 2022. scienceindustries ist eine der Trägerorganisationen von drei formalen eidg. Abschlüssen der beruflichen Grundbildung und von vier der höheren Berufsbildung (siehe Abbildung 1) und somit mitverantwortlich für die Berufsentwicklung gegenüber dem SBFI.

 

Abbildung 1: aktuelles Berufsbildungssystem scienceindustries

 

Das Projekt in drei Phasen

 

Das Projekt «scienceindustries Berufsbildung 2030» war in drei Phasen unterteilt. Nach Projektabschluss folgt nun in der Phase IV die Umsetzung, z. B. mit Reformvorhaben zu einzelnen Berufen.

Abbildung 2: Phasenplanung

In einer breit abgestützten Zukunftsumfrage mit 192 Expertinnen und Experten der Branche in der gesamten Schweiz (Kadermitarbeitende mit langjähriger Berufserfahrung, die sich mit strategischen Fragen beschäftigen) wurde in der Phase I die zukünftige Entwicklung der Branche erhoben. Die Rücklaufquote betrug 71%, und es trafen Rückmeldungen aus 18 Kantonen ein. Als besonders relevant haben die Befragten folgende Zukunftsthesen und -tätigkeiten eingestuft:

Zukunftsthesen

Zukunftstätigkeiten

  • Fokus auf Weiterbildung und Flexibilität legen
  • Verhaltensbasierte Sicherheit ist und bleibt wichtig
  • Sichere Produktion durch krisenresistente Beschaffung, weniger Single Sourcing
  • Nachwachsende Rohstoffe und erneuerbare Energie werden unumgänglich
  • Innovation durch Diversität und Zusammenarbeit fördern
  • Sicher mit Daten umgehen
  • Mit neuen Arbeitsprozessen / Prozesstechnologien umgehen
  • Persönliche Kompetenzentwicklung sicherstellen
  • Innovation in Arbeitsprozessen generieren
  • Unternehmerisch denken und handeln
  • Eigenverantwortlich arbeiten

 

In einem zweiten Teil der Zukunftsumfrage wurden Rückmeldungen zum aktuellen Berufsbildungssystem der Branche eingeholt. Demnach liefert das heutige Berufsbildungssystem die Fachkräfte der Zukunft nur bedingt genau, was den Handlungsbedarf bestätigte.

In der Phase II des Projektes wurde im Rahmen eines Strategieworkshops ein erster Entwurf für ein zukünftiges Berufsbildungssystem im Bereich Chemie, Pharma, Life Sciences entwickelt und diskutiert. Daraus ergaben sich Eckwerte, die für ein neues Berufsbildungssystem der Branche gelten sollen. Bei jedem Eckwert steht jeweils der Nutzen für die Betriebe im Zentrum.

 

Eckwerte Berufsbildungssystem

Nutzen für die Betriebe

1

Wir benötigen eine starke berufliche Grundbildung.

  • Kompetente Nachwuchsfachkräfte mit starkem Praxisbezug
  • Betriebsnahe Ausbildung
  • Übernahme von sozialer Verantwortung
  • Stärkung der Standortsicherheit

 

2

Wir benötigen eine starke höhere Berufsbildung und gestalten sie arbeitsmarktgerecht in ihrem Inhalt, ihrer Struktur und im System aus, um ihren betrieblichen Nutzen zu steigern.

 

  • Praxisorientierte Weiterentwicklung der Mitarbeitenden
  • Kompetente Fachkräfte in der Branche halten
  • Steigerung der Attraktivität der beruflichen Grundbildung

 

3

Wir benötigen eine durchgängige Laufbahn in der Berufsbildung sowie eine hohe Durchlässigkeit zum non-formalen Bereich und zum Hochschulbereich.

  • Höhere Attraktivität des Berufsfeldes
  • Kein Abschluss ohne Anschluss
  • lebenslanges Lernen
  • vielfältige Karrierewege

 

4

Wir schaffen Möglichkeiten für Quereinsteigende, einen Abschluss für die Branche zu erlangen.

 

  • Zusätzliche Fachkräfte für die Branche gewinnen

 

 

5

Wir etablieren ein non-formales System mit Schnittstellen zum formalen System. scienceindustries hat darin eine koordinative Aufgabe und übernimmt die Qualitätssicherung des Systems.

 

  • Höhere Flexibilität, Schnelligkeit
  • Spezifische Förderung von Mitarbeitenden

 

In der Phase III wurden auf Basis der Erkenntnisse aus Phase I und der strategischen Ausrichtung aus Phase II die konkreten Tätigkeitsprofile für die zukünftigen Berufe in enger Zusammenarbeit mit Praxisexpertinnen und Praxisexperten erarbeitet. Bei allen Tätigkeitsprofilen wurden dabei Erkenntnisse aus der Zukunftsumfrage berücksichtigt. In einer schweizweiten Validierung wurden die Tätigkeitsprofile verifiziert. 

Diese Erkenntnisse flossen in die Ausgestaltung des Detailkonzepts für das neue Bildungs- und Karrieresystem der Bereiche Chemie, Pharma und Life Sciences ein:

Abbildung 3: neues Bildungs- und Karrieresystem Chemie / Pharma / Life Sciences 
* Berufsbezeichnungen und Bezeichnungen im non-formalen Bereich = Arbeitstitel

Zentrale Punkte dieses neuen Bildungs- und Karrieresystems für die Branche sind: 

  1. Um mehr Fachkräfte in die Branche zu bringen, soll im Produktions- und im Laborbereich ein Einstieg über eine EBA-Ausbildung möglich sein. Dieser Abschluss kann für Unternehmen auch interessant sein, um quereinsteigenden Erwachsenen einen formalen Berufsabschluss zu ermöglichen. 
  2. An den beiden Berufen auf Stufe EFZ Chemie- und Pharmatechnologe /-technologin CPT und Laborant/-in soll festgehalten werden. Kompetenzorientierte Grundbildungen mit starkem Praxisbezug und dem Einbau der Zukunftskompetenzen sollen die Berufsbilder stärken. 
  3. In beiden EFZ-Berufen soll eine Berufsmaturität während (BM1) oder nach (BM2) der beruflichen Grundbildung möglich sein, um eine hohe Durchlässigkeit auch zum Hochschulbereich zu gewährleisten. 
  4. Im Bereich der Höheren Berufsbildung (HBB) sollen die beiden Schienen Produktion und Labor wieder zusammenlaufen. Der Spezialist resp. die Spezialistin Chemie/Pharma/Life Sciences mit eidgenössischem Fachausweis (ev. künftig Professional Bachelor) soll zum besten Fachspezialisten resp. zur besten Fachspezialistin mit zukunftsorientierten Fachrichtungen und operativen Führungsfunktionen entwickelt werden. Bei dem Experten resp. der Expertin Chemie/Pharma/Life Sciences (ev. künftig Professional Master) liegt der Fokus auf Strategie und branchen- resp. fachorientiertem Management in erfolgskritischen Kern- und Innovationsbereichen der Wertschöpfungskette. Bei beiden HBB-Abschlüssen sollen interessierte Personen möglichst breit zugelassen werden, um Quereinsteigende in die Branche zu bringen. 
  5. Ein neuer Beruf auf Stufe Höhere Berufsbildung (HBB) könnte der/die Chemieinformatiker/-in (Arbeitstitel) sein. Er/sie soll als Schnittstellenmanager/-in zwischen den Disziplinen fungieren. Aktuell besteht aufgrund von Rückmeldungen aus der Validierung noch Bedarf zur Schärfung des Berufsbildes. 
  6. Damit Zukunftskompetenzen flexibel und bedarfsgerecht erworben werden können und das lebenslange Lernen mit Instrumenten zur nachhaltigen Kompetenzentwicklung gefördert werden kann, soll über die Einführung eines non-formalen Systems mit Schnittstellen zum formalen System breit diskutiert werden. Dieses könnte als digitaler Campus mit Branchenzertifikaten oder digitalen Kompetenznachweisen (z.B. Microcredentials) und einem digitalen Portfolio ausgestaltet werden. Entscheidend dabei ist die Einflussnahme auf Inhalte durch die Industrie und die klare Kompetenzorientierung. 

1 EBA: Berufliche Grundbildung mit eidgenössischem Berufsattest. 2-jährige Lehre für praktisch begabte Personen.

2 EFZ: Berufliche Grundbildung mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis. 3- bis 4-jährige Lehre.

Wie geht es weiter? 

Aufbauend auf den Ergebnissen der Phasen I bis III werden im Rahmen von abgestimmten Initiativen und Massnahmen die Bildungserlasse für die einzelnen formalen Abschlüsse der Beruflichen Grundbildung (BGB) und der Höheren Berufsbildung (HBB) reformiert. Erste Berufsbilder, bei denen das Vorgehen umgesetzt wird, sind Chemie- und Pharmatechnologe/-in (EFZ) und Chemie- und Pharmapraktiker/-in (EBA) ab voraussichtlich 2027. Aktuell befinden sich beide Berufsbilder in der Revision.

Die Einführung eines non-formalen Bereichs soll in der Branche breit diskutiert werden. Für einen erfolgreichen Aufbau eines solchen Bereichs muss ein Bedarf der Branche vorhanden sein und scienceindustries muss als Trägerorganisation und als Organisation der Arbeitswelt (OdA) eine tragende Rolle übernehmen. 

Die Ergebnisse und die bereits eingeleiteten nächsten Schritte des umfangreichen Projekts «scienceindustries Berufsbildung 2030» zeigen, dass das Projekt die angestrebten Ziele erreicht und eine gute Grundlage für die nun anstehenden Folgeprojekte gelegt hat. Im Rahmen der Phase IV (siehe Abbildung 2) und der Berufsbildungsstrategie von scienceindustries sowie der nachfolgenden Reformen und Umsetzungsvorhaben können diese Ergebnisse gewinnbringend genutzt und valorisiert werden.
 

Projektteam

Das Projektteam wurde begleitet durch Ectaveo.

scienceindustries/aprentas (Kontakte für Rückfragen)

Noël Palushaj, noel.palushaj@scienceindustries.ch
Marko Brumec, marko.brumec@aprentas.com
Konrad Bruttel, konrad.bruttel@aprentas.com
Nicole Koch, nicole.koch@aprentas.com
Kurt Bächtold, kurt.baechtold@syngenta.com
Paul Briggeler, paul.briggeler@lonza.com
Hans Ulrich Frei, frei.hans-ulrich@ch.sika.com
Brigitte Gans, brigitte.gans@viforpharma.com
Madeleine Leuenberger, madeleine.leuenberger@siegfried.ch
Tobias Merseburger, tobias.merseburger@roche.com
Mirela Pospiech, mirela.pospiech@merckgroup.com
Hyun-Seup Ra, hyun-seup.ra@roche.com
Wolfgang Schick, wolfgang.schick@bachem.com
Samuel Vogel, samuel.vogel@roche.com

In den Strategieprozess (Phase II) und die abschliessende Diskussion der Ergebnisse wurde ein Sounding Board mit weiteren Wirtschaftsvertretern/-innen einbezogen.


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