Wirtschaftsverband Chemie Pharma Life Sciences

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Point «Aktuelle Biotechnologie» Juli 2023 (Nr. 253)

  • Resistenz gegen Zitruskrebs in Rekordzeit
  • Innovationsfreundliche EU-Regeln für genomeditierte Pflanzen
  • Biotechnologie erschliesst alternative Eiweissquellen
  • «Bakterienfresser» als Werkzeuge für Diagnostik und Therapie

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31.07.2023

Innovative Pflanzenzüchtung: Resistenz gegen Zitruskrebs in Rekordzeit

Ein wichtiger Vorteil moderner Züchtungstechnologien wie der Genomeditierung ist, dass damit innerhalb von kurzer Zeit Pflanzen mit angepassten und verbesserten Eigenschaften entwickelt werden können. Das ermöglicht eine viel schnelle Reaktion auf neue Bedrohungen als herkömmliche Verfahren, welche mehrere Pflanzengenerationen dauern. So benötigt die klassische Entwicklung einer neuen Sorte bei Zitrusfrüchten etwa 20 Jahre. Ein Forschungsteam von der Universität Florida zeigt jetzt, wie durch präzise Genomeditierung in nur 10 Monaten Orangenpflanzen entwickelt werden können, welche gegen den gefürchteten Zitruskrebs immun sind. Die Krankheit wird durch Xanthomonas-Bakterien ausgelöst, führt weltweit zu massiven Verlusten, und ist nur sehr schwer zu bekämpfen. Praktisch alle relevanten Sorten sind empfindlich gegen den Befall. Zwar existieren bereits gentechnisch veränderte, resistente Sorten, aber für diese gibt es in vielen Ländern ein aufwändiges Zulassungsverfahren. Bei dem hier beschriebenen Ansatz wird in nur einem Schritt ein Orangengen ausgeschaltet, das für die Anfälligkeit gegenüber Zitruskrebs verantwortlich ist. Dazu muss keine artfremde Erbinformation übertragen werden. Die so entwickelten, krankheitsresistenten Orangenpflanzen haben daher in den USA bereits die Zulassung erhalten. Allerdings brauchen die Forschenden noch etwas Geduld: erst in drei Jahren werden die Pflanzen die ersten Früchte tragen.   (mehr…)

Neue Züchtungsverfahren: EU schlägt innovationsfreundliche Regeln für genomeditierte Pflanzen vor

Die EU hat ehrgeizige Ziele, um ihre Landwirtschaft nachhaltiger und krisensicherer zu machen. Eine wichtige Rolle dabei spielen verbesserte Pflanzensorten, zum Beispiel mit Resistenz gegen Krankheiten oder einer besseren Widerstandsfähigkeit gegen Klimaextreme. Neue Züchtungsverfahren, wie der Einsatz der Genschere CRISPR/Cas9, können die Entwicklung solcher Pflanzen deutlich beschleunigen. Aufgrund veralteter Rechtsvorschriften unterstehen aber diese Produkte in der EU und auch in der Schweiz pauschal den restriktiven Regeln für «gentechnisch veränderte Organismen» (GVO), was ihren Anbau in der Praxis unmöglich macht. Am 5. Juli 2023 hat die Europäische Kommission jetzt einen neuen Regulierungsvorschlag vorgelegt. Mit modernen Technologien entwickelte Pflanzensorten, die auch natürlich vorkommen oder durch herkömmliche Züchtungstechniken erzeugt werden könnten, sollen nicht anders oder strenger reguliert werden als herkömmlich gezüchtete Sorten. Mit diesem Ansatz folgt die Kommission vielen anderen Ländern rund um die Welt, die bereits ähnliche Vorschriften etabliert haben. Damit sollen auch die Innovationskraft der europäischen Pflanzenzüchtung gestärkt und verbesserte Produkte für Konsumenten ermöglicht werden. Der Vorschlag stiess auf breites Interesse, und wird jetzt vom Europäischen Parlament und den Mitgliedsstaaten diskutiert. Er könnte auch als Denkanstoss für die Schweiz wirken, wo der Einsatz moderner Züchtungsverfahren immer noch blockiert ist.    (mehr…)

Ernährung: Biotechnologie erschliesst alternative Eiweissquellen

Eiweiss ist ein wichtiger Bestandteil der menschlichen Ernährung. Wir nehmen es aus pflanzlicher Kost und aus tierischen Produkten, wie Fleisch, Milch, und Eiern, auf. Sowohl die Pflanzen- als auch die Tierproduktion benötigen grosse Flächen und beanspruchen viele Ressourcen. Biotechnologische Ansätze können dabei helfen, die Nahrungsproduktion effizienter zu machen. So können eiweissreiche Lebensmittel auf geringem Raum mit Hilfe von Mikroorganismen, Algen oder Pilzen erzeugt werden. Bereits jetzt werden Nahrungskomponenten mit Hilfe von Mikroben nur aus Luft und grüner Energie, unabhängig von landwirtschaftlichen Ressourcen, erzeugt. Sowohl für das Tierwohl als auch aus Nachhaltigkeitsgründen wird zunehmend angestrebt, Alternativen zur Produktion herkömmlicher tierischer Lebensmittel zu entwickeln. Auch hierzu leistet die Biotechnologie eine wichtige Rolle. So kann Milcheiweiss, als Grundlage der Produktion von Käse oder anderer Milchprodukte, statt aus Kuhmilch auch mit Hilfe von Mikroorganismen hergestellt werden. Schliesslich besteht weltweit grosses Interesse, Alternativen für Fleisch oder Fisch zu entwickeln, für deren Produktion keine Tiere erforderlich sind, die aber trotzdem das volle Geschmackserlebnis ermöglichen. Mehr als 150 Unternehmen weltweit liefern sich einen Wettlauf bei der Entwicklung von kultiviertem Fleisch, die ersten Produkte sind bereits auf dem Markt. Auch in der Schweiz wurde im Juli 2023 ein erster Zulassungsantrag eingereicht.   (mehr…)

Medizin: «Bakterienfresser» als Werkzeuge für Diagnostik und Therapie

Auch krankmachende Bakterien können von Viren befallen werden. Diese werden als Bakteriophagen («Bakterienfresser») oder schlicht als Phagen bezeichnet. Sie erkennen mit hoher Präzision ihre Wirts-Bakterien, befallen sie und programmieren sie genetisch um, um sich so weiter zu vermehren. Forschende der ETH Zürich in Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik Balgrist zeigen jetzt, wie Phagen zugleich als empfindliches Diagnoseverfahren und auch zur Therapie von Blasenentzündungen eingesetzt werden können. Oft tappen Mediziner bei der Behandlung von akuten Harnweginfekten zunächst im Dunklen, da es mit herkömmlichen Methoden mehrere Tage dauert, um den verantwortlichen Krankheitserreger zu identifizieren und die am besten geeignete Behandlung zu verordnen. Genetisch veränderte Phagen können spezifisch bestimmte Bakterienarten in Urinproben erkennen, und so in weniger als vier Stunden identifizieren. Das erlaubt den raschen Beginn einer massgeschneiderten Behandlung. Phagen können auch direkt zur Therapie der Infektion eingesetzt werden, da sie nach Befall der Bakterien diese zum Grossteil abtöten. Die Forschenden haben ihre Wirksamkeit noch verstärkt, indem sie den Phagen das Gen für ein bakterientötendes Eiweiss einbauten. Die Arbeiten zeigen das grosse Potential von Phagen in der Medizin, das bisher noch kaum ausgeschöpft wird.   (mehr…)

Vollständige PDF Druckversion Point «Aktuelle Biotechnologie» Juli 2023 (Nr. 253) mit Quellenangaben

Text und Redaktion: Jan Lucht, Leiter Biotechnologie (jan.lucht@scienceindustries.ch)


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