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Point «Aktuelle Biotechnologie» Januar 2024 (Nr. 259)

  • Neuer Wirkstoff gegen Spitalkeime
  • Konsumenten bewerten Genomeditierung positiv
  • Virusresistenter Reis für Afrika mit CRISPR/Cas9
  • 215 Millionen Euro für die biobasierte Kreislaufwirtschaft

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31.01.2024

Medizin: Neuer Wirkstoff gegen Spitalkeime weckt Hoffnung

Antibiotika, die gegen Mikroorganismen wirken, gelten als einer der grössten Durchbrüche der Medizin. Sie ermöglichen die Behandlung von Infektionen, die früher oft tödlich endeten. Experten schätzen, dass ohne Antibiotika unsere durchschnittliche Lebensdauer heute mehr als zwanzig Jahre kürzer wäre. Allerdings entwickeln immer mehr Krankheitserreger Resistenzen gegen Antibiotika. Besonders problematisch sind solche Keime in Spitälern, wo sie sich unter den Patienten ausbreiten können. Zu den besonders gefürchteten Spitalkeimen gehören gegen Carbapenem resistente Acinetobacter baumannii-Bakterien (CRAB), von denen manche Stämme auch gegen sämtliche anderen verfügbaren Antibiotika resistent sind. Eine Behandlung nach Infektion ist daher schwierig, bis zu 60% der Betroffenen sterben. Einem grossen Team von Roche ist jetzt nach Untersuchung von 45'000 verschiedenen Molekülen ein Durchbruch gelungen: Die Forschenden identifizierten einen neuartigen Wirkstoff, der in Labor- und Tierversuchen gegen CRAB-Bakterien wirkt. Es ist noch ungewiss, ob die Substanz auch als Antibiotikum in der Medizin geeignet ist, entsprechende klinische Versuche an Menschen laufen. Es wäre das erste Mal in über 50 Jahren, dass eine neue Wirkstoffklasse gegen A. baumannii-Bakterien die Patienten erreicht. (mehr…)

Pflanzenzüchtung: Viele Konsumierende bewerten Genomeditierung positiv

Die neuen Techniken der Genomeditierung, wie der Einsatz der CRISPR/Cas9 Genschere, können die Pflanzenzüchtung deutlich beschleunigen und ermöglichen die Entwicklung von Sorten mit präzise angepassten Eigenschaften. In Europa werden genomeditierte Pflanzen aber wegen hoher regulatorischer Hürden und der Ungewissheit, ob die Konsumierenden solche Produkte kaufen würden, bisher nicht angebaut. Forschende aus der der Schweiz und den USA haben jetzt anhand einer Umfrage die Einstellung von rund 1200 Personen aus beiden Ländern zu genomeditierten Nutzpflanzen erhoben. Als Beispiele dienten pilzresistente Kartoffeln, glutenfreier Weizen und kältetolerante Sojabohnen. Der Grossteil, etwa die Hälfte der Befragten, äusserte spontan positive Gefühle für diese Anwendungen, ein Viertel war eher skeptisch, der Rest war unsicher oder hatte widersprüchliche Reaktionen. Es zeigten sich aber Unterschiede zwischen den beiden Ländern. In den USA, wo bereits seit 1994 gentechnisch veränderte Lebensmittel im Handel sind und die Bevölkerung umfangreiche Erfahrungen damit hat, wurden genomeditierte Pflanzen deutlich positiver bewertet als in der Schweiz, wo der Anbau gentechnisch veränderter oder genomeditierter Pflanzen verboten ist. Vermutlich löst die restriktive Regulierung bei uns eher Skepsis gegenüber neuen Technologien aus. Aber selbst in der Schweiz bekundeten 39% der Befragten spontan positive Gefühle gegenüber der Genomeditierung, und übertreffen damit die Gruppe derjenigen mit negativen Gefühlen (35%). Die oft behauptete fundamentale Ablehnung der Schweizer Bevölkerung gegenüber neuen Technologien zeigt sich in dieser Studie nicht. (mehr…)

Ernährungssicherheit: Virusresistenter Reis für Afrika mit CRISPR/Cas9

In den 1970-er Jahren wurde auf einem Feld in Kenia erstmals ein neuer Krankheitserreger für Reispflanzen festgestellt: das «Rice Yellow Mottle Virus» (RYMV). Infektion mit dem Virus führt zuerst zu einer gesprenkelten Verfärbung und Verformung der Blätter, die Pflanzen verkümmern und liefern kaum noch Ertrag. Seither hat sich die Krankheit weit über Afrika ausgebreitet, und führt bei Kleinbauern zu grossen Einbussen bis hin zu totalen Ernteverlusten. Das ist besonders problematisch, weil Reis in vielen Regionen Afrikas ein Grundnahrungsmittel ist. Die wirksamste Vorbeugung gegen die Virusinfektion wäre der Anbau virusresistenter Reissorten. Tatsächlich existieren in Afrika traditionelle Reissorten mit Resistenz gegen RYMV. Diese liefern allerdings nur sehr niedrige Erträge im Vergleich zu den heute dort verbreitet angebauten Elite-Reissorten aus Japan oder Indien. Wegen genetischer Unverträglichkeit lässt sich die Resistenzeigenschaft nicht durch klassische Kreuzungszüchtung aus dem afrikanischen Reis in die Elitesorten übertragen. Forschende aus Deutschland und Frankreich zeigen jetzt, dass mit Hilfe der Genschere CRISPR/Cas9 die afrikanische Resistenzeigenschaft mit geringem Aufwand in einer japanische Reissorte reproduziert werden kann. Das eröffnet die Möglichkeit, RYMV-Resistenz in die für Afrika wichtigen Hochleistungs-Sorten einzuführen und so die Ernährungssicherheit der Kleinbauern zu verbessern. (mehr…)

Nachhaltigkeit: 215 Millionen Euro für die biobasierte Kreislaufwirtschaft

Die Abkehr von klimaschädlichen fossilen Rohstoffen und der Übergang zu einer biobasierten Kreislaufwirtschaft ist ein Kernanliegen der Europäischen Union, um die ehrgeizigen Klimaziele des europäischen «Green Deals» zu erreichen. Um die Entwicklungen zu unterstützen, ist die EU für 2021-2031 eine öffentlich-private Partnerschaft mit einem Konsortium der biobasierten Industrien eingegangen, das «Circular Bio-Based Europe Joint Undertaking» (CBE JU). Die mit einem Budget von zwei Milliarden Euro ausgestattete Partnerschaft im Rahmen des Horizon Europe Forschungsprogramms unterstützt Projekte und die Vernetzung auf wissenschaftlicher und technischer Ebene. Für 2023 wurden 162 Projektanträge eingereicht. Dreissig davon wurden jetzt für eine Förderung im Gesamtvolumen von 215.5 Millionen Euro ausgewählt. Die Projekte werden demnächst öffentlich vorgestellt. Im Vorjahr wurden 21 Konsortiums-Verträge im Umfang von 116 Millionen Euro abgeschlossen, mit insgesamt 293 Projektpartnern. Darunter befinden sich eine grosse Bioraffinerie in Frankreich (SYLPLANT), die jährlich 10'000 Tonnen nachhaltige, eiweissreiche Zutaten für die Lebens- und Futtermittelindustrie aus Nebenprodukten der Land- und Forstwirtschaft produzieren soll; das THERMOFIRE-Projekt, das biobasierte, flammhemmende Materialien für die Automobil- und Raumfahrtindustrie entwickelt; und COUNTLESS, das biobasierte Chemikalien aus Nebenströmen der Holzverarbeitung statt aus fossilen Rohstoffen erzeugt. Zusammen mit dem Vorläuferprogramm BBI JU (seit 2014) wurden bereits 163 Projekte gefördert, davon 32 mit Beteiligung der Schweiz. (mehr…)

Vollständige PDF Druckversion Point «Aktuelle Biotechnologie» Januar 2024 (Nr. 259) mit Quellenangaben

Text und Redaktion: Jan Lucht, Leiter Biotechnologie (jan.lucht@scienceindustries.ch)


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