Publikationen - Point-Newsletter
Point «Aktuelle Biotechnologie» Oktober 2025 (Nr. 280)
- Genomeditierung schützt Schweine vor Europäischer Schweinepest
- Forschungsprogramm zu Innovationen in der Pflanzenzüchtung
- Genschere macht Kakaobäume resistenter gegen Pilzkrankheit
- Universeller Impfstoff gegen die Vogelgrippe
31.10.2025
Tierzucht: Genomeditierung schützt Schweine vor Europäischer Schweinepest
Krankheiten und Seuchen belasten das Tierwohl, und können grosse wirtschaftliche Schäden in der Tierproduktion anrichten. Der Europäischen Schweinepest, einer Viruserkrankung, fallen bei akutem Verlauf 30 bis 100 Prozent der erkrankten Tiere zum Opfer. Handelseinschränkungen nach einem Ausbruch können die Existenz von Landwirten in betroffenen Regionen bedrohen.
Forschende aus Schottland, England und von der Universität Lübeck (D) setzten nun an der Achillesferse des Krankheitserregers an. Dieser ist für seine Vermehrung zwingend auf die Funktion eines Eiweisses in den Schweinezellen angewiesen. Die Veränderung einer einzigen Aminosäure in diesem Schweinprotein durch Genomeditierung mit CRISPR/Cas9 führte zu einer vollständigen Resistenz der Tiere und ihrer Nachkommen gegen Infektion mit der Europäischer Schweinepest. Das Wohlergehen der Tiere wurde durch die Genomeditierung nicht beeinträchtigt.
Genetische Veränderungen durch Genomeditierung bieten grosse Chancen zur Kontrolle von Tiererkrankungen und damit auch für das Tierwohl, wie bereits verschiedene Anwendungen zeigen. In Europa sind genomeditierte Nutztiere allerdings noch nicht zugelassen. Hier konzentriert sich die Diskussion bisher noch weitgehend auf Anwendungen der Genomeditierung bei Nutzpflanzen. (mehr…)
NFP84: Forschungsprogramm zu Innovationen in der Pflanzenzüchtung
Neue Züchtungsverfahren bei Pflanzen, wie die Genomeditierung, bieten grosse Chancen für eine ressourceneffiziente und nachhaltige Landwirtschaft. Wie alle neuen Technologien werfen sie aber auch zahlreiche Fragen auf. Um für diese Diskussion fachliche Grundlagen bereitzustellen, wurde Ende 2023 in der Schweiz das Nationale Forschungsprogramm NFP84 «Innovationen in Pflanzenzüchtung» ausgeschrieben. Die Forschungsarbeiten dazu liefen in diesem Jahr an.
Innerhalb von fünf Jahren sollen mit einem Gesamtbudget von 10 Millionen Schweizer Franken naturwissenschaftliche, rechtliche, sozialwissenschaftliche und ethische Fragen untersucht werden. Die Palette der kürzlich vorgestellten Projektbeschreibungen ist breit. Sie reicht vom Einsatz neuer Züchtungsverfahren für die Entwicklung resistenter und stresstoleranter Reben, Äpfel und Kartoffeln für eine nachhaltigere Landwirtschaft über die Züchtung produktiverer Buchweizensorten bis zur Nutzung der Eigenschaften alter Tomatensorten, effizienterer Maiszuchtverfahren und der Förderung des Zusammenspiels zwischen Pflanzen und nützlichen Bodenmikroben.
Juristische Projekte sollen Regulierungsgrundsätze für die Schweiz skizzieren und die Auswirkungen der rechtlichen Rahmenbedingungen auf die Entwicklung von Innovationen untersuchen. In Kombination mit einem empirisch-bioethischen Ansatz soll ein normativer Ansatz für neue Züchtungsverfahren entwickelt werden. Auch der Analyse der ethischen Debatte und der Akzeptanzfaktoren für neue Technologien wird Raum gegeben. Bis April 2030 sollen die Forschungsprojekte abgeschlossen sein. (mehr…)
Genomeditierung: Genschere macht Kakaobäume resistenter gegen Pilzkrankheit
Schokolade versüsst das Leben, aber der Genuss ist bedroht: die weltweiten Kakaoernten stehen unter Druck. Eine wichtige Rolle dabei spielt die durch Phytophthora-Pilze verursachte Schwarzschotenkrankheit. Diese kann Ertragseinbussen von 30 – 50 Prozent verursachen. Pflanzenschutzmassnahmen sind für Kleinbauern oft zu aufwändig, die Züchtung resistenterer Sorten kann bis zu 30 Jahre dauern.
US-Forschende zeigen jetzt, wie Kakaopflanzen mit der Genschere CRISPR/Cas9 innerhalb kurzer Zeit widerstandsfähiger gegen Pilzinfektionen gemacht werden können. Es gelang ihnen, ein Pflanzengen auszuschalten, das die Abwehrreaktionen dämpft. Dadurch wurden Pflanzen-Mechanismen aktiviert, welche die Infektion durch krankheitserregende Pilze bremsen und die Symptome deutlich reduzieren.
Durch Kreuzungen konnten die Forschenden krankheitsresistentere Kakaopflanzen erzeugen, die keine artfremde Erbinformation enthielten, sondern nur eine genetische Veränderung in einem einzelnen Gen, wie diese auch in der Natur auftreten können. Derartige genomeditierte Pflanzen dürfen in den USA ohne Auflagen freigesetzt werden – das ermöglicht aktuell laufende Freisetzungsversuche, um die Resistenzeigenschaften der Pflanzen unter Praxisbedingungen zu überprüfen. (mehr…)
Gesundheit: Universeller Impfstoff gegen die Vogelgrippe
Aktuell wütet die Vogelgrippe in Deutschland, über eine halbe Millionen Zuchtvögel mussten vorsorglich gekeult werden. Das aggressive Virus kann durch Tierkontakt auf Menschen übertragen werden. Etwa die Hälfte dieser Infektionen verlaufen tödlich. Die direkte Übertragung zwischen Menschen ist äusserst selten, aber wenige Mutationen des Virus könnten ausreichen, um eine globale Pandemie auszulösen. Da sich das Virus allerdings rasch verändert, war es bisher kaum möglich, Impfstoffe für diesen Ernstfall vorzubereiten.
Ein Forschungsteam aus den Niederlanden beschreibt jetzt einen neuartigen Ansatz zur Entwicklung eines universellen Vogelgrippe-Impfstoffs, der gegen alle möglichen Varianten wirken und so einer Pandemie vorbeugen könnte. Duch genetische Analyse sämtlicher bekannter Vogelgrippe-Stämme und Untersuchung der Immunantwort gegen sehr unterschiedliche Varianten konnten sie ein zentrales Antigen identifizieren, dass allen Virusvarianten gemein ist.
In Tierversuchen mit Frettchen konnte ein Impfstoff, der mit Hilfe dieses Antigens entwickelt wurde, zuverlässig gegen Infektion mit sehr unterschiedlichen Virusvarianten schützen. Aufgrund der Laborversuche ist eine universelle Wirksamkeit des Impfstoffs gegen Vogelgrippevarianten auch bei Menschen zu erwarten – erste Versuche hierzu laufen. (mehr…)
Vollständige PDF Version Point «Aktuelle Biotechnologie» Oktober 2025 (Nr. 280) mit Quellenangaben
Text und Redaktion: Jan Lucht, Leiter Biotechnologie (jan.lucht@scienceindustries.ch)