Wirtschaftsverband Chemie Pharma Life Sciences

Dossiers - Wettbewerbsfähigkeit

Sichere Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Kosten

Für unsere Industrien Chemie Pharma Life Sciences ist eine sichere Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Kosten ein Schlüsselfaktor. scienceindustries setzt sich dafür ein, dass die Versorgungssicherheit in der Schweiz langfristig gewährleistet bleibt, dies ohne Technologieverbot.

04.08.2021

1. Einleitung

Für die Mitgliedsunternehmen von scienceindustries ist die sichere Versorgung mit den notwendigen Energieträgern von zentraler Bedeutung. Der Energieverbrauch unserer Industrien liegt bei ca. 5.5 Mio. MWh im Jahr, das entspricht etwa 13% des Gesamtenergieverbrauches der Schweizer Industrie.

Die proaktive Klimastrategie der Industrien Chemie Pharma Life Sciences, welche im ersten Quartal 2021 veröffentlicht wurde, zeigt welche Energieträger in welchem Mass bei den Mitgliedern von scienceindustries zum Einsatz kommen. Die nachfolgende Grafik gibt Auskunft über den Energieverbrauch unserer Mitglieder im 2019:

Dabei zeigt sich, dass aktuell vor allem Erdgas (34%) und Elektrizität (33%) die wichtigsten Energieträger sind. Daneben sind aber auch die Verbrennung von Abfällen fossilen Ursprungs (Sonderabfallverbrennung, 20%) und zunehmend auch erneuerbare Energie (7%) von Bedeutung. 

Die Wichtigkeit von Erdgas und Elektrizität für unsere Industrien ist unbestritten. Die Anforderung an den kontinuierlichen Bezug dieser Energieträger ist dabei hoch. Da die Industrien Chemie Pharma Life Sciences stark im internationalen Wettbewerb tätig sind, ist es unerlässlich, dass die Beschaffung der Energien zu wettbewerbsfähigen Preisen erfolgt. Durch eine geeignete Energiepolitik hätte es die Schweiz auch in der Hand, Wettbewerbsvorteile für die Schweizer Wirtschaft zu erzielen. Gleichzeitig ist die permanente Verfügbarkeit von Energie, insbesondere elektrischer, für die Herstellung der hochspezialisierten Produkte unserer Mitgliedsunternehmen unerlässlich. Auch kurzfristige Unterbrüche, gerade bei der Stromversorgung, hätten hier massive Auswirkungen und würden dazu führen, dass die hohen Qualitätsanforderungen an die Verkaufsprodukte nicht mehr eingehalten werden. Somit ist die unterbrechungsfreie Verfügbarkeit von Strom und Gas zu wettbewerbsfähigen Preisen die übergeordnete und zentrale Forderung von scienceindustries.

2. Stromversorgung

Die unterbruchslose Versorgung mit Strom ist von elementarer Bedeutung für die scienceindustries-Mitgliedsunternehmen. Aktuell ist der Strommarkt in der Schweiz nur für grosse Stromkunden liberalisiert. Kleine und mittlere Unternehmen müssen den Strom vom lokalen Anbieter beziehen was in aller Regel mit überdurchschnittlich hohen Preisen verbunden ist.

In der letzten Vernehmlassung zur Revision des Stromversorgungsgesetzes hat sich scienceindustries deutlich für eine vollständige Liberalisierung des Strommarktes eingesetzt. Auch wenn das zuständige Departement (UVEK) grundsätzlich eine Marktöffnung unterstützt, so ist die Umsetzung dieses Anliegens nicht absehbar. Dies liegt unter anderem auch daran, dass ein Stromabkommen mit der EU aktuell in weite Ferne gerückt ist. Weiterhin setzt sich scienceindustries für ein Auslaufen der Subvention von erneuerbaren Energien ein, wie dies in der «Energiestrategie 2050» verankert ist. Der entsprechende Netzzuschlag ist dabei als befristet zu betrachten und soll wie vorgesehen mittelfristig gesenkt werden. In der entsprechenden Botschaft des Bundesrates vom 2021 (Mantelerlass) ist diese mittelfristige Absenkung jedoch nicht mehr enthalten. Vielmehr ist eine Erhöhung der Subventionen vorgesehen, um die Stromproduktion vor allem im Winterhalbjahr zu fördern. scienceindustries steht diesem wesentlichen Element der bundesrätlichen Botschaft kritisch gegenüber und schätzt das Vorgehen als ordnungspolitisch falsch und nicht zielführend ein.

Schweizer Stromversorgung technologieneutral ausrichten

Die längerfristige Stromversorgung der Schweiz ist ebenfalls als kritisch zu betrachten. Die Forderung nach einer Klimaneutralität der Schweiz bis im Jahr 2050 und der damit verbundene weitgehende Verzicht auf fossile Heiz- und Brennstoffe hätte unweigerlich eine massiv zunehmende Elektrifizierung von Wirtschaft und Gesellschaft zur Folge. Gleichzeitig werden in der Schweiz gewisse Technologien (z. B. Kernkraft) immer noch ausgeblendet, wobei aktuelle politische Initiativen dies aufzuweichen versuchen. Auch in der EU steht in wichtigen Mitgliedstaaten (z. B. Deutschland) ein konkreter Verzicht auf Kernkraft (kurzfristig) und Kohlekraft (mittelfristig) im Raum. Dies kann ganz konkret negative Auswirkungen auf den unverzichtbaren Stromimport der Schweiz aus der EU haben.

In seinen «Energieperspektiven 2050+» skizziert das BFE wie die Anforderungen von Versorgungssicherheit und Klimaneutralität seiner Meinung nach unter einen Hut gebracht werden können. Dabei wird einem extrem starken Ausbau der Photovoltaik eine Schlüsselrolle beigemessen und es wird ebenfalls davon ausgegangen, dass der Strombezug aus der EU in kritischen Phasen (Abstellung bestehender schweizerische Kernkraftwerke, Strombezug im Winterhalbjahr) immer gewährleistet ist. Eine technologieoffene Betrachtung findet hingegen nicht statt.

scienceindustries ist der Meinung, dass die «Energieperspektiven 2050+» zwingend nachgebessert werden müssen, um die richtigen politischen Impulse zu geben. Der Bericht muss überarbeitet werden und muss dabei zwingend auf realistischen Annahmen basieren und technologieneutral ausgestaltet sein. scienceindustries setzt sich gegen generelle Technologieverbote ein.

3. Gasversorgung 

Die aktuellen rechtlichen Grundlagen des Schweizer Gasmarktes sind im «Bundesgesetz über Rohrleitungsanlagen» geregelt. Dieses enthält bezüglich des Netzzugangs eine nur sehr rudimentäre Regelung in Form einer Transportpflicht. Demnach sind Netzbetreiber verpflichtet, vertraglich Transporte für Dritte zu übernehmen, wenn dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, und wenn der Dritte eine angemessene Gegenleistung anbietet. Im Übrigen richtet sich das Verhalten der verschiedenen Marktakteure nach den allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere nach dem Kartellgesetz.

Zur Umsetzung der gesetzlichen Transportpflicht hat die Gasbranche am 1. Oktober 2012 mit zwei Verbänden von grösseren Industriekunden (IGEB und IG Erdgas) eine Vereinbarung über den Netzzugang geschlossen, die sogenannte Verbändevereinbarung. Unter anderem wurden damit privatrechtlich die Voraussetzungen für den Netzzugang definiert. So muss für den Marktzugang die gebuchte Transportkapazität mindestens 150 Nm3/h betragen (vor dem 1. Oktober 2015 waren es noch 200 Nm3/h), das Erdgas muss primär zur Erzeugung von Prozesswärme für industrielle Zwecke verwendet werden und der Netznutzer muss über eine Lastgangmessung mit Datenfernübertragung verfügen.

Die Gasbranche reichte die Verbändevereinbarung bei der Wettbewerbskommission (WEKO) zur Vorabklärung ein. In ihrem Schlussbericht vom 16. Dezember 2013 verzichtet die WEKO zwar auf Einleitung einer Untersuchung, doch behielt sie sich ausdrücklich vor, bei einem allfälligen Verstoss gegen das Kartellrecht eine entsprechende Einzelfallprüfung vorzunehmen. Mithin besteht eine gewisse Rechtsunsicherheit, u.a. in Form der allfälligen Sanktionsfolgen (vgl. Art. 49a KG). Eine ausführlichere spezialgesetzliche Regelung kann dies beseitigen.

Die Ausarbeitung der gesetzlichen Grundlagen für einen Gasversorgungsgesetz

Der Bundesrat hat Anfang 2014 auf die parlamentarische Anfrage Nr. 14.5054 hin erklärt, dass eine Gasmarktöffnung geprüft werde und in einem geordneten legislatorischen Rahmen erfolgen müsse. Auch wurde die Erarbeitung eines zukünftigen Gasversorgungsgesetzes (GasVG) in die Legislaturplanung 2015 – 2019 des Bundesrats aufgenommen. Die Arbeiten des Bundesamts für Energie (BFE) zur Vorbereitung der gesetzlichen Grundlagen starteten im Jahr 2014.

Die Arbeiten erfolgten einerseits auf Grundlage der aktuellen Verbändevereinbarung und deren Weiterentwicklung. Andererseits soll die Gesetzesvorlage nach Möglichkeit mit den einschlägigen Normen des EU-Rechts konform sein. Die Arbeiten haben sich in folgenden Themengruppen gegliedert: Bilanzierung, Netznutzungsmodell, Netztarife, Versorgungssicherheit, Rechtliches und Regulatorisches (Entflechtung, Netzbetreiber, Regulierungsbehörde). Für jede Themengruppe wurde, allenfalls unterlegt mit externen Begleitstudien, aufgezeigt, welche Rahmenbedingungen für einen funktionierenden Gasmarkt und die Versorgungssicherheit notwendig sind und inwiefern Bedarf nach einer gesetzlichen Regelung besteht. Diese Berichte dienten als Grundlage für die Erarbeitung der Vernehmlassungsvorlage und können unter diesem Link gefunden werden.

scienceindustries hat in seiner Stellungnahme vom Februar 2020 den Entwurf des neuen Gasversorgungsgesetz grundsätzlich begrüsst, da dieser einem geordneten legislatorischen Rahmen für die vollständige Liberalisierung des Markts anbietet, welche langfristig die Versorgungssicherheit gewährleisten soll. Einige Themen wie der diskriminierungsfreie Zugang zu einem liquiden und wettbewerbsfähigen Handelspunkt und die Integration der Transitleitung waren im Entwurf des Gesetzes noch nicht optimal gelöst und werden im Parlament höchstwahrscheinlich intensiv debattiert. Die Verabschiedung der Botschaft zum neuen Gesetz ist für Ende 2021 vorgesehen.

 


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