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Catherine Chammartin, Direktorin Eidg. Institut für Geistiges Eigentum

Publikationen - «Carte Blanche» Gastbeiträge

Catherine Chammartin, Direktorin Eidg. Institut für Geistiges Eigentum

Internationaler Patentschutz: Schlüsselrolle im Kampf gegen die Pandemie

28.02.2023

Die COVID-19 Pandemie wurde dank neuer, wirksamer Impfstoffe unter Kontrolle gebracht. Deren erfolgreiche Entwicklung basiert auf jahrzehntelanger Forschung. Der Patentschutz bot den Anreiz und die nötige Rechtssicherheit, dass die Impfstoffe im Rahmen zahlreicher internationaler Partnerschaften in so kurzer Zeit für den weltweiten Bedarf produziert werden konnten.

Der Schrecken der globalen COVID-Pandemie scheint schon fast vergessen. Verdrängt sind die verstörenden Bilder aus Italien von überfüllten Notfallstationen und nächtlichen Militärtransporten der Toten in Krematorien nach Ausbruch des Virus in Europa im März 2020.

Innovationsleistung im Kampf gegen das Virus
Der Weg zurück in die Normalität – und damit auch das Ende von regelmässigen Lockdowns, COVID-Tests, Masken- und Home-Office-Pflicht – wurde erst möglich durch neue, wirksame Impfstoffe gegen das SARS-Cov-2 Virus. In weniger als 12 Monaten nach Pandemieausbruch kamen sie auf den Markt. Neue anti-virale Medikamente erlauben inzwischen auch die wirksame Behandlung und Prävention von schweren COVID-Krankheitsverläufen.

Die Erforschung und die Entwicklung der neuen Impfstoffe, Therapeutika und Diagnostika sind das Resultat einer ausserordentlichen Innovationsleistung in den Bereichen Virologie und Immunologie. Weltweit haben sich in kurzer Zeit Hunderte von Entwicklungs- und Produktionspartnerschaften gebildet, um den Kampf gegen das Virus aufzunehmen.

Ausnahmeregelung bei Impfstoffen
Eine von Indien und Südafrika angeführte Gruppe von über 60 Mitgliedern der Welthandelsorganisation (WTO) beklagte sich jedoch darüber, dass ihr Zugang zu diesen innovativen Medizinprodukten behindert würde. Sie verlangten daher im Oktober 2020, das WTO-Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS-Abkommen) auszusetzen (sogenannter «TRIPS Waiver»). Ohne patentrechtliche Beschränkungen könne jedes Land diese Produkte selber produzieren und so seinen Zugang sicherstellen.

Die WTO hat diese Forderung intensiv und kontrovers diskutiert. An der 12. Ministerkonferenz im Juni 2022 in Genf kam ein Kompromiss zustande, der für Entwicklungsländer Vereinfachungen bei der Vergabe von Zwangslizenzen auf COVID-19 Impfstoffe vorsieht. Ein TRIPS-Waiver wurde nicht beschlossen. Aktuell diskutieren die WTO-Mitglieder, ob der Beschluss auf Therapeutika und Diagnostika ausgeweitet werden soll.

Schutz des geistigen Eigentums Teil der Lösung
Die Schweiz setzt sich nachdrücklich für einen gerechten Zugang zu Impfstoffen, Therapeutika und Diagnostika ein. Der Schutz Geistigen Eigentums ist dabei ein wichtiger Teil der Lösung. Über Lizenzverträge gewährleisten Patente einen effizienten Technologie- und Knowhow-Transfer, was in der Folge die Zusammenarbeit von öffentlicher und privater Forschung und Entwicklung sowie von innovativen Pharmaunternehmen und Generikaherstellern ermöglicht.

Ohne einen effektiven internationalen Patentschutz würden diese Kooperationen blockiert oder sie kämen gar nicht erst zustande. Der Anreiz, auch künftig in Forschung und Entwicklung von neuen Impfstoffen und antiviralen Therapeutika zu investieren, ginge verloren. Damit würde die Pandemievorsorge grundsätzlich in Frage gestellt.

Klare internationale Regeln notwendig
Zu Beginn der COVID-19 Pandemie herrschte Impfstoffknappheit und der Zugang war nicht für alle Länder gleichermassen gewährleistet, weil die Impfstoffe nicht von einem Tag auf den anderen für die gesamte Weltbevölkerung produziert werden konnten. Der Auf- und Ausbau der erforderlichen Produktionskapazitäten sowie der internationalen Lieferketten zur Beschaffung der nur beschränkt vorhandenen Rohstoffe sowie die Bildung der Produktionspartnerschaften gelang indes in Rekordzeit.

Ohne klare internationale Regeln zum Patentschutz wäre es nicht dazu gekommen. So hätte beispielsweise Lonza nicht den Wirkstoff für die Moderna-Impfung produziert, Pfizer und BioNTech hätten ebenso wenig kooperiert und mit indischen Generikafirmen wären keine Lizenzvereinbarungen und Lieferverträge abgeschlossen worden.  

Schweiz sieht Verbesserungspotential bei Pandemievorsorge
Dennoch: Auch nach Ansicht der Schweiz besteht Handlungsbedarf, um die Pandemievorsorge zu verbessern. Die WTO muss klare Regeln für die Sicherung von Lieferketten und den Abbau von Exportbeschränkungen aufstellen. Sie muss einen funktionsfähigen Mechanismus schaffen, der die gerechte Verteilung von Impfstoffen in einer nächsten Pandemie sicherstellt, so dass auch ärmere Länder frühzeitig damit versorgt werden. In der sogenannten Berlin Declaration hat die biopharmazeutische Industrie sich ihrerseits zu diesem Ziel verpflichtet.

Zudem ist es wichtig, die Impfstoffproduktion geografisch weiter zu diversifizieren. So ist im Pandemiefall künftig die regionale Versorgung mit Impfstoffen, gerade auch in Sub-Sahara Afrika, besser gewährleistet. Nachhaltig kann dies nur in enger Partnerschaft und auf der Basis des internationalen Rechts gelingen. Ein starker Patentschutz spielt hierbei eine zentrale Rolle.


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