Wirtschaftsverband Chemie Pharma Life Sciences
Einführung in die Kostendämpfungspakete

Dossiers - Reformen im Gesundheitswesen

Einführung in die Kostendämpfungspakete

Die Industrien Chemie Pharma Life Sciences haben ein Interesse an einem soliden und stabilen Gesundheitssystem. Deshalb engagiert sich scienceindustries aktiv am Umsetzungsprozess des Kostendämpfungsprogramms.

11.03.2024

Im August 2019 hat der Bundesrat ein erstes Kostendämpfungsprogramm zu Handen des Parlaments verabschiedet. Es soll alle Akteure des Gesundheitswesens in die Verantwortung nehmen und dafür sorgen, dass die Kosten nur in dem Umfang steigen, wie sie medizinisch begründbar sind. Die Beratung dieses 1. Massnahmenpakets wurde in zwei Unterpakete (Teilpaket 1a und 1b) aufgeteilt. Während unsere Industrie im Paket 1a primär die Debatte zum Experimentierartikel verfolgt hat, umfasst das Paket 1b drei Vorschläge: Massnahmen zur Steuerung der Kosten durch die Tarifpartner, ein Referenzpreissystem für Arzneimittel und ein Beschwerderecht der Versicherer gegen die Spitalplanung der Kantone.

Kostendämpfungspaket 1

Die Beratung des Teilpakets 1a wurde in der Sommersession 2021 von den Räten abgeschlossen. Die Industrie nahm mit Erleichterung zur Kenntnis, dass beide Räte im Rahmen des Experimentierartikels im Unterschied zum Bundesrat keine Zwangsverpflichtung vorsehen wollen. Der neue Experimentierartikel wurde vom Bundesrat noch nicht in Kraft gesetzt. Wichtig wird bei dessen Anwendung dereinst sein, dass er nicht zu einer Aushöhlung des Territorialitätsprinzips führt.

Nach langen Beratungen haben die eidgenössischen Räte in der Herbstsession 2022 das KP 1b verabschiedet. Dieses sieht nun ein Kostenmonitoring im Gesundheitswesen vor. Bund und Kantone sollen allerdings keine Eingriffsmöglichkeit erhalten, wenn sich die Tarifpartner nicht einigen können. Bereits in der ersten Beratungsrunde strichen die Räte erfreulicherweise das Referenzpreissystem für Generika, indes kommt es nun zu zwingenden Vereinfachungen bei der Zulassung parallelimportierter Medikamente.

Mit Erleichterung nimmt scienceindustries zur Kenntnis, dass die ursprünglich vom Nationalrat beschlossenen Umgehung von Swissmedic bei Arzneimittelimporten wieder fallen gelassen wurde, denn dies hätte zu gravierenden Unsicherheiten in der Schweizer Medikamentenversorgung geführt. Zudem haben sich die Räte auf ein Beschwerderecht für Krankenkassenverbände gegen Spitalplanungs-Entscheide in den Kantonen geeinigt. Ebenso wurde die Regelung zum Substitutionsrecht der Apotheker/-innen angepasst.

Kostendämpfungspaket 2

Im August 2020 wurde die Vernehmlassung zu einem zweiten Massnahmenpaket (KP 2) eröffnet und scienceindustries reichte am 19. November 2020 ihre Stellungnahme ein. Parallel zu diesem Paket wurden die vorgeschlagene Einführung von Zielvorgaben im Gesundheitswesen in Form von bundesrätlichen  Gegenvorschlägen zur Kosten-Bremse-Initiative der Mitte und der Prämien-Entlastungs-Initiative der Sozialdemokratischen Partei (SP) in die parlamentarische Beratung geschickt.

scienceindustries lehnt die vorgeschlagenen Zielvorgaben insbesondere in Verbindung mit einer zwingend zu konsultierenden Erstberatungsstelle ab. Sie bergen die Gefahr einer Rationierung von Gesundheitsdienstleistungen und verhindern im Endeffekt Innovationen.

Mit Bezug auf diese Geschäfte beantragte die Sozialkommission des Ständerates (SGK-S) ihrem Rat, die Behandlungsfrist für beide Geschäfte um ein Jahr zu verlängern. Der Ständerat folgte diesen Anträgen und entschied damit in der Herbstsession 2022 nicht über eine Erhöhung des Bundesanteils an die Prämienverbilligung um 30 Prozent. Vielmehr wird die Detailberatung der indirekten Gegenvorschläge nun in der SGK-S weitergeführt.

Preismodelle

Am 7. September 2022 hatte der Bundesrat nun die Botschaft zum KP 2 zu Handen des Parlaments verabschiedet. Vorgesehen sind Netzwerke zur Förderung der koordinierten Versorgung und Stärkung der Versorgungsqualität. Auch will der Bundesrat einen raschen und möglichst kostengünstigen Zugang zu innovativen, teuren Arzneimitteln sicherstellen. Dazu soll die bereits bestehende Praxis von Vereinbarungen mit Pharmaunternehmen, sogenannte Preismodelle, auf Gesetzesstufe gefestigt werden.

Pharmaunternehmen erstatten bei der Umsetzung von Preismodellen einen Teil des Preises oder der entstehenden Kosten an die Versicherer zurück. In bestimmten Fällen kann der rasche und möglichst kostengünstige Zugang zu überlebenswichtigen, hochpreisigen Arzneimitteln nur gewährleistet werden, wenn vertrauliche Preismodelle umgesetzt werden. Deshalb soll auch in der Schweiz die Umsetzung von vertraulichen Preismodellen ermöglicht werden.

Angedacht ist auch eine differenziertere Prüfung der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit u.a. von Arzneimitteln sowie die Einführung von fairen Referenztarifen, um den Wettbewerb unter den Spitälern sicherzustellen. Des Weiteren sollen Apotheken die Möglichkeit erhalten, selbstständige Leistungen im Rahmen von Präventionsprogrammen oder Beratungsleistungen zur Optimierung der Arzneimittelabgabe und Therapietreue zu erbringen. Schliesslich sollen sämtliche Leistungserbringer im stationären und im ambulanten Bereich verpflichtet werden, ihre Rechnungen künftig in elektronischer Form zu übermitteln.

Der vorgeschlagenen Regelung zu Preismodellen steht scienceindustries im Grundsatz positiv gegenüber, kann dadurch der Zugang der Patienten zu innovativen Arzneimitteln verbessert werden. Ziel muss es sein, neue Therapien nach deren Zulassung durch Swissmedic viel schneller den Patienten zur Verfügung zu stellen. Hingegen lehnt scienceindustries einen Vorrang der Kostengünstigkeit bei der heute schon regelmässig durchgeführten Überprüfung der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW-Kriterien) aller Leistungen entschieden ab.

Der Bundesrat könnte damit ohne Einbezug des Parlaments sämtliche Regeln für die WZW-Überprüfung anpassen. Dies führte faktisch ein Billigstprinzip samt einer jährlichen WZW-Überprüfung durch die Hintertür ein, was jegliche Planbarkeit und Rechtssicherheit untergraben würde. Allfällige diesbezügliche Gesetzesanpassungen müssten durch eine gezielte Erweiterung und Differenzierung der bestehenden Kriterien inkl. Berücksichtigung der neuesten wissenschaftlichen Methoden zum Wirksamkeitsnachweis für Arzneimittel der Spezialitätenliste erfolgen.

Stand des Kostendämpfungspaket 2 Winter 2023

Der Nationalrat (NR) hat das KP 2 in der Herbstsession 2023 mit Bezug auf die scienceindustries interessierenden Fragen weitgehend im Sinne der Mehrheit seiner vorberatenden Kommission (SGK-N) verabschiedet. Er sprach sich im Grundsatz für vertrauliche Preismodelle für Medikamente aus, die bei Swissmedic für eine beschleunigte Zulassung qualifizieren. Dies jedoch nur unter der Vorgabe, dass eine unabhängige Stelle öffentlich über die Umsetzung der vertraulichen Preismodelle Bericht erstatten wird. Damit soll ermöglicht werden, die Anzahl dieser Preismodelle und deren (finanzielle) Wirksamkeit zu prüfen, während einzelne Rückerstattungen vertraulich bleiben können.

Des Weiteren sollen inskünftig Medikamente von der periodischen Überprüfung der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW) ausgenommen werden können, wenn diese einen geringen Umsatz aufweisen oder aber deren Versorgungssicherheit gefährdet ist.

Die Sozialkommission des Ständerates (SGK-S) ist nun am 16. Oktober 2023 einstimmig auf das KP 2 eingetreten. Mit ihren bisher beschlossenen Anträgen folgt sie im Wesentlichen den Beschlüssen des Nationalrates in der ersten Detailberatung vom 7. November 2023. Die Kommission wird ihre Beratungen des umfassenden Massnahmenpakets an der nächsten Sitzung Anfang 2024 fortsetzen. Sie wird sich dann auch eine Auslegeordnung zur Vergütung der Medizinprodukte präsentieren lassen.


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