Wirtschaftsverband Chemie Pharma Life Sciences
Übersicht und Positionen zu ausgewählten Reformen im Gesundheitswesen

Dossiers - Reformen im Gesundheitswesen

Übersicht und Positionen zu ausgewählten Reformen im Gesundheitswesen

Die Industrien Chemie Pharma Life Sciences haben ein Interesse an einem soliden, stabilen und modernen Gesundheitssystem. Deshalb engagiert sich scienceindustries aktiv am gesundheitspolitischem Diskurs in der Schweiz. 

26.04.2024

Kostendämpfungspakete 

Seit längerer Zeit führt das Parlament Beratungen zu diversen Massnahmen zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen. Diese Vorschläge basieren auf einem Bericht einer Expertengruppe zu Kostendämpfungsmassnahmen zur Entlastung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP). Ein erstes Kostendämpfungspaket wurde während der Beratung vom Parlament in zwei Teilpakete (KP 1a und 1b) unterteilt.  

Die Beratung des Teilpakets 1a wurde in der Sommersession 2021 von den Räten abgeschlossen. Die Industrie nahm dabei zur Kenntnis, dass beide Räte im Rahmen des Experimentierartikels im Unterschied zum Bundesrat keine Zwangsverpflichtung vorgesehen haben. 

Nach langen Beratungen haben die eidgenössischen Räte sodann in der Herbstsession 2022 das KP 1b verabschiedet. Dieses sieht ein Kostenmonitoring im Gesundheitswesen vor. Erfreulicherweise strichen die Räte das Referenzpreissystem für Generika, indes wurden Vereinfachungen bei der Zulassung parallelimportierter Medikamente beschlossen.  

Im August 2020 wurde alsdann die Vernehmlassung zu einem zweiten Massnahmenpaket (KP 2) eröffnet und scienceindustries reichte dazu ihre Stellungnahme ein. Parallel zu diesem Paket wurden die vorgeschlagene Einführung von Zielvorgaben im Gesundheitswesen in Form von bundesrätlichen Gegenvorschlägen zur Kosten-Bremse-Initiative der Mitte und der Prämien-Entlastungs-Initiative der Sozialdemokratischen Partei (SP) in die parlamentarische Beratung geschickt. 

Der Nationalrat (NR) hat das KP 2 in der Herbstsession 2023 beraten und sprach sich im Grundsatz für vertrauliche Preismodelle für Medikamente aus, welche bei Swissmedic für eine beschleunigte Zulassung qualifizieren. Auch soll das Bundesamt für Gesundheit (BAG) inskünftig die Möglichkeit erhalten, Arzneimittel, die einen geringen Umsatz aufweisen oder versorgungskritisch sind, von der periodischen Preisüberprüfung auszunehmen.  

Gesundheitsinitiativen 

In diesem Jahr stehen die Volksabstimmungen zu zwei Volksinitiativen im Gesundheitswesen an. Die Initiative der Mitte "für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen" fordert, dass Bundesrat, Parlament und Kantone eingreifen müssen, sobald die Kosten der OKP pro versicherte Person im Jahresdurchschnitt stärker steigen als die Entwicklung eines von den Initianten nicht genauer definierten Indikators (Nominallöhne, Preisindex etc.). Die Prämien-Entlastungs-Initiative der Sozialdemokratischen Partei (SP) fordert, dass kein Haushalt in der Schweiz mehr als 10 Prozent seines verfügbaren Einkommens für die Krankenkassenprämien ausgeben muss. Dabei sollen die dafür notwendigen Prämienverbilligungen zu mindestens zwei Drittel vom Bund und einem Drittel durch die Kantone finanziert werden. scienceindustries lehnt beide Initiativen ab: Die Kosten-Bremse wird unweigerlich zu rationieren beim Zugang zu innovativen Therapie führen und die Versorgungssicherheit mit bewährten Therapien gefährden. Anstelle eines rigiden Rationierungssystems sollen vielmehr Fehlanreize in der Finanzierung der Grundversicherung beseitigt (bspw. wo immer möglich ambulanter Leistungsbezug fördern). Die Prämien-Entlastung würde einen erheblichen Fehlanreiz mit sich bringen, denn sie reduziert die Selbstverantwortung im Leistungsbezug. Damit führte sie im Ergebnis nur noch zu höheren Gesundheitskosten und weniger Transparenz darüber, wer für diese aufkommt. Die Leistungen in der OKP werden über Kopfprämien, Franchisen und Selbstbehalte einerseits und über Steuermittel respektive Prämienverbilligungen andererseits gedeckt, womit heute schon Solidarität und Selbstverantwortung gelebt wird. Zudem hat das Parlament zwei indirekte Gegenvorschläge zu beiden Initiativen verabschiedet, welche die Anliegen teilweise umsetzen.  

Rückstand in der Digitalisierung aufholen 

Die Digitalisierung bietet gerade im Gesundheitswesen eine Reihe vielsprechender Chancen u.a. bei der Verfügbarkeit von Gesundheitsdaten und in der Forschung und Entwicklung, doch besteht bei dieser gerade in der Schweiz grosser Nachholbedarf. Die Thematik der digitalen Transformation im Gesundheitswesen ist hoch aktuell, auch wenn der Bundesrat bereits 2006 ein Kapitel "Gesundheit und Gesundheitswesen" in die Strategie für eine Informationsgesellschaft aufgenommen hat mit Schwerpunkt beim Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien IKT im Gesundheitswesen ("eHealth"). scienceindustries hat diese Ziele stets unterstützt und setzt sich weiterhin für deren Erreichung ein. 

Elektronisches Patientendossier als Schlüsseldossier 

Ein zentraler Aspekt der bundesrätlichen Strategie war die Einführung des elektronischen Patientendossiers (EPD). Grundgedanke des EPD ist, dass die Daten nach einer einheitlichen Struktur erfasst und elektronisch ausgetauscht werden können. Um den Nutzen für alle potenziellen Anwender zu erhöhen, will der Bundesrat das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier revidieren.  

scienceindustries spricht sich für ein beschleunigtes Vorgehen in der Digitalisierung im Gesundheitswesen aus. Soweit dieses Ziel mit dem EPD erreicht werden kann, begrüsst sie grundsätzlich die Weiterentwicklung des EPD. Es muss jedoch schneller und vor allem koordiniert vorwärts gehen. Des Weiteren befürwortet scienceindustries, dass für die Zulassung von Leistungserbringern das Mitwirken am EPD vorausgesetzt wird. Weitere Schritte müssen folgen, insbesondere eine technologieoffene Interoperabilität des Systems, eine einfache und benutzerfreundliche Ausgestaltung dessen sowie die Förderung der allgemeinen Akzeptanz der Digitalisierung im Gesundheitswesen im Allgemeinen sowie insbesondere des EPD in der Bevölkerung. 

DigiSanté: Förderung der digitalen Transformation im Gesundheitswesen 

DigiSanté ist das Programm des EDI zur Förderung der digitalen Transformation im Gesundheitswesen. Es entsteht im Auftrag des Bundesrats und wird vom BAG und dem BFS in einer Initialisierungsphase bis Ende 2024 formuliert und soll anschliessend bis Ende 2034 umgesetzt sein. Die Sozialkommission des NR (SGK-N) hat sich für das umfassende Programm DigiSanté sowie den dafür nötigen Verpflichtungskredit über knapp 400 Millionen Franken ausgesprochen. Mit dem grossangelegten Programm sollen über einen Zeitraum von zehn Jahren die Behandlungsqualität, die Effizienz und Transparenz des Gesundheitssystems sowie die Patientensicherheit erhöht werden. scienceindustries setzt sich für die Digitalisierung des Schweizer Gesundheitswesens ein und wirkt im Rahmen der Allianz "Digitale Transformation im Gesundheitswesen" in der Arbeitsgruppe DigiSanté mit. 

Versorgungssicherheit 

Weltweit haben Medikamentenengpässe zugenommen, die Schweiz ist hier keine Ausnahme. Im 2022 sind bei der Meldestelle Heilmittel beim Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) rund 200 Meldungen von Versorgungsstörungen eingegangen: insgesamt waren ca. 1'000 Medikamente zeitweise nicht verfügbar. Die Gründe dafür sind vielfältig und scienceindustries hat sich zusammen mit anderen Pharmaverbände zur Problematik positioniert. So hat das BAG viele Preise in den letzten Jahren so stark gesenkt, dass die Tagesdosis einzelner Produkte auf Basis des Fabrikabgabepreises noch einige Rappen kostet und teilweise unter die Herstellkosten gefallen ist. Es lohnt sich deshalb vermehrt nicht mehr, gewisse Produkte im kostenintensiven Schweizer Markt zu belassen.  

Auch der laufende Ausbau der Meldepflicht bei Arzneimittelengpässen bringt bislang keine Erleichterung, sondern nur Mehraufwand für die Industrie. Soll dieser Weg weiter beschritten werden muss der laufende Ausbau der Meldepflicht mit einem durch den Bund finanzierten automatisierten Meldesystem einhergehen. Auch die Kosten für die Pflichtlager – welche aktuell die Pharmaindustrie vollumfänglich alleine trägt, ohne dass sie die Preise anpassen könnte – müssen deshalb vergleichbar mit anderen Produktkategorien angepasst werden und der Bund soll sich hier an den Kosten beteiligen.  

Und auch wenn noch kaum Versorgungsengpässe bei zugelassenen innovativen Medikamenten zu vermelden sind, verzögert sich der Zugang zu neuen Therapien seit einiger Zeit. Diese Entwicklung stellt eine zeitnahe Versorgung der Schweizer Patientinnen und Patienten mit Innovationen zusehend in Frage, was den allgemeinen Druck auf die Versorgung nicht lindert. Durch attraktive Vergütungsregeln würde der frühe Zugang zu innovativen Arzneimitteln gefördert, wobei eine einseitige Preisfokussierung in der Gesundheitspolitik die Versorgung verschlechtert. Eine mögliche Lösung für einen schnelleren Zugang bietet sich mit einem rückvergüteten Innovationszugang (RIZ), der zurzeit im Parlament behandelt wird. Zeiteinsparungen würden sodann parallele oder mindestens besser koordinierte Verfahren bei der Zulassung durch Swissmedic und dem BAG durch den "Early Access"-Prozess bringen. Ein früher Dialog zwischen Pharmaunternehmen, Swissmedic und dem BAG führen zu einer stärkeren Parallelisierung der Prozesse. 


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