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Innovation

Biotech-Impfstoff gegen gefährliches Atemwegs-Virus RSV

Aktuell erleben Kinderspitäler in der Schweiz einen Rekord-Ansturm. Schuld sind stark zunehmende Infektionen mit dem Virus RSV, das Husten und Atemnot auslöst. Ein Durchbruch in der Grundlagenforschung ermöglicht jetzt die Entwicklung wirksamer Impfstoffe. Klinische Versuche damit sind ermutigend.

13.12.2022

Eine massive Infektionswelle mit dem «Humanen Respiratorischen Synzytial-Virus» (kurz: RSV) überrollt nicht nur die Schweiz, sondern auch andere europäische Länder und die USA. Die Folge: Kinderspitäler sind überfüllt, Betten werden knapp und Operationen müssen verschoben werden. Der Erreger kann eine schwere Bronchitis mit Atemnot auslösen.

Babys besonders betroffen

Besonders betroffen sind Säuglinge im ersten Lebensjahr, die durch den starken Husten auch nicht mehr richtig trinken. In ernsten Fällen ist eine Einweisung ins Spital erforderlich. Dort kann die Versorgung der Babys sichergestellt werden, nach Bedarf durch Sauerstoffgaben, eine Infusion oder künstliche Ernährung. In der Regel erholen sich die jungen Patientinnen und Patienten bald wieder. Zurück bleibt eine Erfahrung, die man weder den Kindern noch den Eltern wünschen würde.

Leider ist das RS-Virus einer der wenigen Erreger von Kinderkrankheiten, gegen das es bisher noch keinen wirksamen und zugelassenen Impfschutz gibt. Bereits in den 1960er Jahren wurde ein Impfstoff mit kompletten, aber abgeschwächten Erregern erprobt. Er führte aber zu so heftigen Nebenwirkungen, dass die Entwicklung für längere Zeit zurückgestellt wurde.

Biotech-Impfstoff als Chance

Moderne Ansätze sind viel sicherer und verwenden für die Immunisierung nur einzelne Bestandteile eines Krankheitserregers, die mit biotechnologischen Verfahren hergestellt werden. Für RSV bot sich hierfür ein Eiweiss an, das auf der Virusoberfläche sitzt. Dieses kann allerdings verschiedene Formen annehmen, von denen nur wenige das Immunsystem ausreichend stimulieren. Das bremste über einen längeren Zeitraum den Fortschritt bei der Impfstoff-Entwicklung.

Einem Forscherteam von den US-amerikanischen Nationalen Gesundheitsinstituten NIH gelang 2013 der entscheidende Durchbruch: Durch die Untersuchung der räumlichen Struktur verschiedener Eiweiss-Varianten identifizierten sie eine stabile Version. Diese ruft eine deutliche Immunantwort hervor und kann so als Grundlage für ein RSV-Vakzin dienen.

Vielversprechende Resultate

Mehrere Unternehmen begannen umgehend, auf Basis dieser Grundlagenforschungsresultate einen Impfstoff gegen das RS-Virus zu entwickeln, darunter auch die scienceindustries Mitgliedsunternehmen Pfizer, GSK und Janssen /Johnson & Johnson. Für die jüngste Patientengruppe in den ersten Lebensmonaten präsentierte Pfizer im November 2022 die Resultate eines grossen klinischen Versuchs mit 7400 Schwangeren aus 18 Ländern. Denn Mütter geben ihre Antikörper sehr wirksam an das ungeborene Kind weiter und tragen so zu dessen Immunschutz bei.

Die Versuche belegten eine gute Verträglichkeit des Pfizer-Impfstoffs und eine Wirksamkeit von 81.8 Prozent gegen schwere RSV-Infektionen der Babys in den ersten drei Lebensmonaten. Mit diesen vielversprechenden Resultaten könnte ein wirksamer Impfschutz für Kleinkinder gegen das RS-Virus nach Abschluss des Zulassungsverfahrens bald Realität werden.

RSV-Impfung auch für ältere Erwachsene

Aber nicht nur Babys, sondern auch Senioren können ernsthaft und manchmal lebensgefährlich an RSV erkranken. Sowohl GSK als auch Pfizer und Janssen /Johnson & Johnson präsentierten bereits positive Resultate für RSV-Impfstoffe für diese Zielgruppe, weitere Unternehmen arbeiten ebenfalls daran. GSK hat kürzlich einen Zulassungsantrag für einen RSV-Impfstoff für ältere Erwachsene eingereicht. Auch hier könnten schon bald erste Produkte auf den Markt gelangen, der Bedarf ist gross.

 

Dr. Jan Lucht
Leiter Biotechnologie

+41 44 368 17 63
jan.lucht@scienceindustries.ch


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